Der Hockenbroicher Junggesellenverein, die „Dörper“ und andere Vereine

Hockenbroich, Oberkastenholz und das „Dörp“ – von jeher die drei Ortsteile Kirchheims, die eine gewisse Eigenständigkeit bewahrten und auch eigene Vereine hatten. So gab es lange Jahre neben dem Hockenbroicher auch einen Junggesellenverein im Dorf. Das war der Junggesellenverein „Einigkeit 1903“ – von den Hockenbroichern in manchen Zeiten auch „de Hornde“ genannt.

Es wäre damals kaum vorstellbar gewesen, dass junge Männer aus den jeweiligen Dorfteilen sich einem Verein des anderen Dorfteils angeschlossen hätten. Annäherungen gab es aber schon. Mit der Zeit lockerte sich das immer mehr.

Das gesellschaftliche Leben war auch dreigeteilt. Und das bezog sich nicht nur auf Vereine sondern dementsprechend auch auf Kneipen, Veranstaltungen usw.. In den 60er Jahren war das dann endgültig vorbei. Viele Vereine wie der Junggesellenverein Dorf oder der Turnverein Dorf lösten sich auf. Auch durch neue Interessen wie den Fußball fand man immer mehr zusammen, und man vergaß die herkömmliche Teilung.

Der Dorfverein versuchte auch zu Anfang, in die Hohnsheck zu gelangen. Mancher handfeste Kampf wurde nach Erzählungen ausgefochten. In diesem Zusammenhang steht auch der Eintrag ins Vereinsregister. Auf Vorschlag eines Juristen ließ sich der Hockenbroicher Junggesellenverein 1954 als Verein eintragen, um somit rechtlich als Besitzer anerkannt zu werden.

Vom wechselhaften Verhältnis der beiden Junggesellenverein zeugen auch Einträge in den alten Protokollbüchern der Hockenbroicher Junggesellen:

  1. Mai 1904

„Auf vielfältiges Anfragen von Kirchheimer Junggesellen um Beitritt in den Hockenbroicher Junggesellenverein wurde in heutiger Versammlung beschlossen, dass nicht nur Hockenbroicher Jünglinge sondern auch jeder unbescholtene Kirchheimer Jüngling als aktives Mitglied in den Hockenbroicher Junggesellenverein aufgenommen kann werden. Sie sollen wahlberechtigt sein, können aber nicht in den Vorstand gewählt werden. Sollte einmal die Majorität unter den Mitgliedern von Kirchheim sein, so soll der Vorstand dennoch nur aus Mitgliedern von Hockenbroich bestehen.“

14. Januar 1911

„Ferner wurde der Vorschlag des Kirchheimer Junggesellenvereins, mit dem Hockenbroicher Junggesellenverein Gemeinschaft zu halten, abgelehnt.“

5. Juni 1919

„Der Antrag, den Namen des Vereins auf Kirchheimer Junggesellenverein um zu ändern, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.“

Ein durchaus gespaltenes Verhältnis also. Da zofften sich die Hockenbroicher und die Dörper auch mal handfest.

19. September 1920

„Zum Schluss wurde über das feige (zweimal unterstrichen) Verhalten des Kirchheimer Junggesellenvereins zu Kirmesmittwoch gesprochen. Der Kirchheimer Junggesellenverein war …. mit einer Mitgliederzahl von 35 bis 40 über 7 bis 8 Hockenbroicher hergefallen und misshandelt.“

Auf der anderen Seite besuchte man sich aber auch gegenseitig bei Festen. Die Vereinsvorstände versuchten, Streit zu schlichten. Sogar Ausschlüsse aus dem Verein wurden verhängt, wie ein Eintrag aus dem Jahr 1922 der zeigt:

6. Mai 1922

Über ein Mitglied: „……aus dem Verein ausgeschlossen, weil er versuchte, Zwietracht zwischen unserem und dem Dörfler Verein zu stiften. Es wurde noch ein Brief an den Dörflerverein abgesandt, worin die Sachlage klar und deutlich dargelegt wurde.“

Heute sind diese Zwistigkeiten längst kein Thema mehr: Im Hockenbroicher Junggesellenverein sind Hockenbroicher, Dörper und sogar Auswärtige zum Beispiel aus Palmersheim vertreten. Und auch im Vorstand findet man seit geraumer Zeit immer wieder „Dörper“

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Kirmes Anfang der 20er Jahre auf dem Lindenberg mit dem Tambourcorps Edelweiß

Die Hockenbroicher Junggesellen, das Tambourcorps Edelweiß und der Sportverein Einigkeit

Es herrschte eine große Verbundenheit zwischen diesen Vereinen, man kann sogar behaupten, dass Junggesellenverein und Tambourcorps ursprünglich eine Vereinsgemeinschaft bildeten. Viele Junggesellen waren parallel in mehreren Vereinen Mitglied. Das gehörte halt dazu im Dorf. Das gesellschaftliche Leben lag im Vereinsleben. Und andere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung gab es ja kaum.

Aus den alten Protokollbüchern des Hockenbroicher Junggesellenvereins:

6.Juli 1919

„Bei einer Anfrage wegen Übertritt von Spielleuten in den Verein wurde auf den Generalversammlungsbeschluss vom 26. Februar 1913 hingewiesen, wonach dieselben als Mitglieder anzusehen sind. Nur dass sie kein Wahlrecht besitzen. Bei erreichtem Alter sollen dieselben bei Wunsch durch Stimmenmehrheit in den Verein aufgenommen werden.“

13. April 1924

„Von verschiedenen Mitgliedern des Hockenbroicher Tambourcorps wurde behauptet, dass die Spielleute noch Vereinsrechte und Pflichten hätten. Durch große Stimmenmehrheit wurde beschlossen, dass Mitglieder des Tambourcorps sofern sie nicht auch Mitglieder des HJV sind keinerlei Vereinsrechte zustehen, weil das Tambourcorps ein selbstständiger Verein ist und nicht mehr dem HJV angeschlossen ist.“

In den 50er Jahren schlossen sich die Hockenbroicher Vereine sogar zu einer offiziellen Gemeinschaft zusammen, wie die Protokollbücher des Tambourcorps Edelweiß beweisen:

Außerordentliche Generalversammlung 29. November 1953

„An ihr nehmen außer dem Spielmannszug Edelweiß auch der Hockenbroicher Junggesellenverein und der Kraftsport Einigkeit teil. Dabei ging es drum, dass laut Beschluss der gesamten Ortsvereine beziehungsweise der Gemeinde-Vertretung der Karnevalsprinz von den Hockenbroicher Männern gestellt werden soll. Peter Roggendorf (Vorsitzender des Tambourcorps) machts.“

Diese drei Vereine bildeten die „Karnevals-Gemeinschaft Hockenbroich“.

F10Maiumzug Pfingsten 1980 Geschw. Burchstr.

© Hans-Rolf Theissen & Petra Braun