Hohnsheck
Schon die alten Germanen sollen hier ihre Tieropfer gebracht haben. Der alte Brauch hielt sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, so berichten Historiker. Da wurde am Kirmesmontag ein Kalb geschlachtet, Teile des „Hohnshecker Wildbret“ an die herrschaftlichen Häuser in Flamersheim, Ringsheim, Schweinheim und Niederkastenholz verschenkt. Und im Gegenzug gab es reichlich Trinkgelder für die Junggesellen.
Die Rede ist von der Hohnsheck, dem Grundstück an der Einsteinstraße, das laut mehreren Quellen bereits seit 1780 im Besitz des Hockenbroicher Junggesellenvereins 1709 e.V. Kirchheim ist. Dokumente aus dieser frühen Zeit gibt es leider nicht. Das älteste dem Verein vorliegende Dokument ist eine Grundrisszeichnung von 1829 über das Gebiet des Hohnshecker Feldes, in der der Verein schon als Eigentümer eingetragen ist.

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Grundrisszeichnung von 1829
(Quelle LAV NRW R, BR 145 Nr. 13955)

Tieropfer gibt es da zwar natürlich nicht mehr, wenn auch zum Beispiel in der Mainacht reichlich Fleisch auf dem Grill liegt. Doch noch heute treffen sich die Junggesellen alljährlich dort an Kirmes, schreiten dreimal das Grundstück ab. In der Literatur findet man aber auch Hinweise, dass dieses Treffen früher in der Mainacht war. Dort soll dann auch die Mailehenversteigerung stattgefunden haben.
Dabei wird der „Hohnshecker Marsch“ gespielt. Ein eigenes Musikstück, das nur als Melodie überliefert war. Erst 1957 brachte es Jean Dammberg, Euskirchener Musikmeister, in eine Notenform.

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Die Noten zum Hohnhsecker-Marsch von Jean Dammberg

Dann verliest ein Junggeselle, der auf einem Pferd sitzt, das „Hohnshecker Protokoll“. Darin wird an die Macht und Herrlichkeit erinnert, die „vor mehr als 1000 Jahren“ durch Kaiser Karl von diesem Ort ausging. Die Tribute geschildert, die er von Ländern bis Türkei und Spanien aber auch umliegenden Ortschaften forderte (siehe Auszug). Heute tun das die Junggesellen.
Es muss ganz schön hergegangen sein beim Hohnshecker Fest, wie verschiedene Quellen beschreiben. Dabei beharrten die Kirchheimer auf ihrem althergebrachten Recht, über die umliegenden Felder zur Hohnsheck zu gelangen. Denn Straßen gab um das Grundstück natürlich noch nicht. Auch aus benachbarten Gemeinden strömten Besucher herbei. Den Bauern blieb nichts anderes übrig, als diese Felder erst nach dem Fest zu bestellen.

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Hohnshecker Marsch um 1920

Durch die Obrigkeit ließen sich die Kirchheimer ihr Fest nicht verbiegen. So soll der Tombergische Vogt Pang (lebte damals im Vogtshof) in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an der Hohnsheck ein Ackerfeld besessen haben. Dass darüber gegangen und gefahren wurde, behagte ihm nicht. Er versuchte, das Fest zu boykottieren, indem er Grenzsteine setzte und die Hohnsheck teilweise umpflügen ließ. Aber da hatte er die Rechnung ohne die Dorfbevölkerung gemacht: Es gab einen Prozess, nach dem er alles wieder in den alten Zustand bringen musste.
Auch ein Vorstoß des Kuchenheimer Bürgermeisters Overstolz scheiterte: 1835 wollte er das Hohnhecker Fest nur noch mit polizeilicher Genehmigung erlauben. Die Kirchheimer waren empört, beriefen sich auf ihr überliefertes Recht. Besonders heftig soll ein über 90 Jahre alter Mann protestiert haben: „So lange er lebe, habe man das Recht besessen, ohne polizeiliche Genehmigung an der Hohnsheck sich zu versammeln, so sei es zu Lebzeiten seines Vaters und seines Großvaters gewesen und so müsse es bleiben.“

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Hohnshecker Marsch mit Protokollant Hubert Fischenich in den 30er Jahren

1841 sollte das Fest sogar ganz untersagt werden. „Da bei dem jährlichs bei Gelegenheit der Kirmes stattfindenden sogen. Hohnsheckerfest Unordnungen vorgefallen sind, und durch Lärm und Getöse die Ruhe der Einwohner gestört wird, so beschließt der unterzeichnende Bürgermeister auf den Grund des Artikels 479 Nr. 8 des Strafgesetzbuches, daß dieses Fest nicht mehr stattfinden und jeder Teilnehmer an demselben bestraft werden soll“, so steht es in einer Verfügung. Außerdem ist vermerkt, dass die Hohnsheck ein „öder Platz“ sei, mit einer Hecke umgeben. Und mitten in einer Feldflur liege, zu der es keinen Weg gibt. Die Anführer des Festes würden zu Pferd dorthin reiten und den „angrenzenden Grundeigenthümern“ würden „die Früchte verdorben“.
In einer Vorlage für den Landrat, der das Verbot bestätigte, beschrieb der Bürgermeister das Fest so: „…daß nach Angabe alter Leute zu Kirchheim das Hohnsheckerfest in früheren Zeiten jährlichs auf Kirmesmontag gefeiert wurde. Ein sogenannter Schultheiß, Schreiber und Fähnrich ritten in die Hohnsheck, woran sich die sämtlichen Junggesellen und Jungfrauen von Kirchheim unter Begleitung von Musikanten anschlossen. Sobald der Zug in der Hohnsheck angekommen war, verlas der Schreiber das Protokoll. Nach Verlesung desselben wurde gezecht und getanzt, und dann begab sich der ganze Zug unter Begleitung von Musik in das Wirtshaus.“

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Hohnshecker Marsch in den Anfang 50er Jahren

Doch es wurde schon bald wieder gefeiert. Das nächste Verbot dann kurz vor der Jahrhundertwende: Da soll ein Gendarm aufmarschiert sein, um es durchzusetzen. Doch der Ortsvorsteher Franz Üemge, übrigens ein „Dörper“, stellte sich dagegen. Der Gendarm wurde entwaffnet, „mißhandelt“. Als der Ortsvorsteher 1902 starb, soll ihm der Junggesellenverein seinen Einsatz durch ein besonders feierliches Begräbnis gedankt haben.
Wie wild es an der Hohnsheck zuging, zeigt auch diese erwähnenswerte Begebenheit, die sich um 1800 zugetragen haben soll: Da spielten die Junggesellen den Kampf um die Hockebur nach. Zwei Parteien aus Angreifern und Verteidigern wurden gebildet. Ein Ofenrohr auf eine Karre geladen, mit Pulver geladen – und abgefeuert. Kein Wunder, dass die Obrigkeit eingriff.
Wie ruhig und gesittet geht es da heutzutage zu….

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Arbeiten an der Hohnsheck mit der Hanomag Rauppe der Firma Scheiff
Josef Roitzheim (1.v.r.), Josef Mertens (2. v.r.), Franz Löhr (mit Fahne), Berthold Wiskirchen (Mitte stehend), Josef Wiskirchen (links daneben)
Auch das Grundstück Hohnsheck hat sich sehr verändert. Früher war es ein bewaldeter Hügel. Heute ist es eingezäunt. In den 50er Jahren wurde die Hohnsheck so umgebaut. Diese Daten sind belegt:

1955 – Bis auf wenige alte große Bäume wurde der alte Strauchwuchs entfernt. Die Spitze des Geländes wurde geglättet und wieder mit Sträuchern bepflanzt

1956 – Tor aus Schmiedeisen angebracht. Es wurde gefertigt von Heinrich Wiskirchen, vielen im Dorf bekannt unter dem Namen „Schmöds Hein“.

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Das Tor zur Hohnsheck.

© Hans-Rolf Theissen & Petra Braun